Auf dem Weg zum Gastland der Buchmesse: Warum Laura Vinogradova in Frankfurt für Literatur aus Lettland wirbt.

Premiere. Slowenien ist 2023 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. 2024 wird es Italien sein, 2025 folgen die Philippinen. Und danach? Vielleicht ja Lettland: Das zumindest ist der ausdrückliche Wunsch von Rüdiger von Rosen. Er ist Honorarkonsul der Republik Lettland in Hessen – und macht sich für die Literatur des baltischen Landes stark. Mit Laura Vinogradova hatte er die Europäische Literaturpreisgewinnerin von 2021 eingeladen. In Frankfurt am Main stellte Vinogradova ihren Debütroman „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“ (Original: „Upe“, Übersetzung: Britta Ringer, erschienen im Paperento Verlag) vor. Und von Rosen nutze den Auftritt im gut gefüllten Saal des Hauses am Dom, um seinem ehrgeizigen Ziel Nachdruck zu verleihen.

„Die lettische Regierung ist sehr interessiert daran, die Literatur ihres Landes auch in Deutschland bekannt zu machen“, sagte von Rosen. Doch wie weit der Weg bis zum Ehrengast der Frankfurter Buchmesse wohl sein mag? Jedenfalls keine zehn Jahre, die es in anderen Fällen gedauert habe, versicherte der Honorarkonsul mit Augenzwinkern – abwarten also. Der Lesung mit Laura Vinogradova in Frankfurt am Main jedenfalls sollen weitere Veranstaltungen mit Autoren Lettlands folgen, kündigte er an. Bettina Bergmann, Moderatorin des Abend, verwies darauf, dass es aktuell ganze sechs Übersetzerinnen und Übersetzer für Bücher aus dem Lettischen ins Deutsche gebe. „Da ist deutlich Luft nach oben“, kommentierte sie. „Doch es muss halt auch die Nachfrage vorhanden sein.“ Denn: Während Bücher aus Norwegen oder Frankreich in hiesigen Buchhandlungen en masse zu finden sind, ist die Zahl lettischer Titel überschaubar. Dabei lohne sich der Lektüre unbedingt, sagte Bergmann und verwies etwa auf den Roman „Jelgava 94“ (Parasitenpresse) von Janis Jonevs, der in seiner Heimat ein Erfolg war und verfilmt wurde. Und der in Deutschland nun immerhin in der zweiten – wenn auch kleinen Auflage – verkauft wird. Und sonst? Neben Laura Vinogradovas „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“ (Paperento Verlag) erscheint im Herbst 2023 zum Beispiel im Mirabilis Verlag „Der kleine Dichter und der Duft“, ein buntes und duftendes Kinderbuch von Lote Vilma Vītiņa. Im Herbst 2024 folgt Inga Gaile mit „Die Schönen“ (Original: „Skaistās“) im Ultraviolett Verlag.

  • Autorin Laura Vinogradova (M.) mit dem lettischen Honorarkonsul Rüdiger von Rosen und dessen Frau Viktoriia.
  • Efrig am Signieren: Laura Vinogradova nach der Buchpremiere von "Wie ich lernte, den Fluss zu lieben" in Frankfurt/Main.
  • Volles Haus im "Haus am Dom" zur Buchpremiere mit Laura Vinogradova.
  • Buchhändlerin Maria Lucia Klöcker von der Frankfurter Buchhandlung "Weltenleser" hatte neben Laura Vinogradovas Debütroman weitere Titel aus Lettland am Büchertisch im Angebot.
  • Lettland in Frankfurt/Main: Autorin Laura Vinogradova (li.) und Ieva Kunga von der Plattform Latvian Literature.
  • Autorin und Verleger vorm Römer in Frankfurt/Main: Laura Vinogradova und Jens Korch
  • Musik aus Lettland: Auf der Kokle - einem Zupfinstrument - spielte Laima Spanheimere Melodien.
  • Statement-Piece zur Buchpremiere: Angeblich sind Letten die introvertiersten Menschen der Welt.

Laura Vinogradova war somit quasi als literarische Botschafterin für ihr Land nach Deutschland gereist – und das zum ersten Mal im Leben überhaupt. Zuvor hatte sie Kinderbücher geschrieben und sich mit „Upe“ erstmals an einen Stoff für Erwachsene gewagt. Ins Buch eingeflossen sei eigenes Erlebtes, verriet sie im Gespräch mit Bettina Bergmann – aber auch Fiktion. Und dass sie aktuell am nächsten Werk arbeite, was gerade fertig und im Lektorat sei, bevor es in Lettland erscheint. „Upe“ – deutsch: „Der Fluss“ – ist indes auf dem besten Weg, auch international wahrgenommen zu werden. Der Titel wird 2024 den Sprung über den großen Teich wagen und bei einem US-amerikanischen Verlag als Lizenzausgabe veröffentlicht. Zuvor war das Buch unter anderem schon in Bulgarien und Litauen erschienen.

„Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“ von Laura Vinogradova ist im Paperento Verlag erschienen.

Im Oktober 2023 wird Laura Vinogradova ein zweites Mal in Frankfurt sein – und auch dann wieder für Lettland auf der Buchmesse Gesicht zeigen. „Der Gastlandauftritt setzt immer wieder neue, aufregende Impulse – mit literarischen Neuentdeckungen, einem vielfältigen Rahmenprogramm mit Kunst, Musik, Film, Theater, Performances und Themen, die uns neue Einblicke geben in das kulturelle und gesellschaftliche Leben des Landes“: So formuliert die Frankfurter Buchmesse die Idee. Die Plattform Latvian Literature knüpft dafür kulturelle Bande und bringt lettische Verlage und Autoren in Kontakt mit Verlagen in anderen Ländern. Die Letten stellen selbst auf der Frankfurter Buchmesse aus, hatten zuletzt dort mit der Kampagne „I am introvert“ augenzwinkernd auf die als zurückhaltend geltenden Bewohner des Landes (und dabei besonders die Autorinnen und Autoren) aufmerksam gemacht. Denn: Einer Studie zufolge gilt Lettland als das introvertierteste Land der Welt. Zur Veranstaltung mit Honorarkonsul von Rosen, dem Verein Lettische Gesellschaft in Frankfurt und Premierengast Laura Vinogradova war davon jedoch nichts zu spüren. Am 21. Oktober 2023 wird die Autorin fast an gleicher Stelle zu hören und sehen sein: Dann wird während der Frankfurter Buchmesse und dem Leseprogramm „Open Books“ im Kunstverein Frankfurt die Reihe Schöne Bücher Bibliothek vorgestellt. Teil dieser Edition der unabhängigen Verlage ist auch „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“.

Mehr zum Thema: