Sagen sie mal, Bernhard Hagemann: Wie halten Sie es während der Passionsspiele in Oberammergau aus?

Momentant herrscht Ausnahmezustand in Oberammergau – gleichzeitig aber auch Einnahmezustand! Die Passionsspiele bringen viel Geld in die Gemeinde, leicht verdientes ist es aber nicht unbedingt. Von den rund 5200 Einwohnern wirken etwa 2100 an den Aufführungen mit, dazu kommen zwei Kamele, zwei Pferde, ein Esel sowie ein Haufen Schafe, Ziegen, Hühner und Tauben. Bewundert werden sie bis Oktober bei 103 Vorstellungen mit jeweils knapp 4400 Zuschauern im Passionstheater. Am Ende werden es ungefähr 450.000 Besucher sein. Und die wollen neben Devotionalien, Schnitzkunst und Unterkünften eben auch mit Nahrung versorgt werden. Der kleine Ort gleicht dann einer einzigen Kantine, denn die normalen Verköstigungskapazitäten werden mit Essenszelten und einer Sonderregel für Pensionen erhöht: Zur Passionszeit wird dort nicht nur Frühstück angeboten, sondern auch warmes Abendessen – „Auskochen“ nennt man das hier.

Die Passionsspiele bringen viel Geld in die Gemeinde, leicht verdientes ist es aber nicht unbedingt.

Bernhard Hagemann

Für die Betreiber kommt das dann zum ganz normalen Wahnsinn hinzu. Von diesem übrigens wissen Simon und Carola in meinem Roman „Die Pensionsspiele von Oberammergau“, erschienen im Morisken Verlag, ein Liedchen zu singen. Denn die ahnungslosen Quereinsteiger übernehmen eine Pension und stecken sofort im turbulenten Arbeitsalltag: skurrile Gäste aus aller Welt, Wäscheberge, aufmüpfige Angestellte und die Tücken der Wurstaufschnittschneidemaschine. Schwer zu ertragen, aber unterhaltsam zu lesen – oder wie Ulla Müller vom Radiosender Bayern 1 es ausdrückte: „Ich hab das Buch genossen wie ein schönes Zitroneneis an einem heißen Sommertag: erfrischend und leicht.“

Bernhard Hagemann wurde 1956 in Bad Reichenhall geboren. Nach Stationen im Chiemgau, in München und am Staffelsee lebt er heute mit seiner Frau in Oberammergau. Dort führte er selbst eine Pension, was ihn zum Buch „Die Pensionsspiele von Oberammergau“ inspirierte. Er veröffentlichte nahezu 50 Bücher, von denen einige übersetzt wurden. Hagemann hat einen aufmerksamen Blick für die Komik des Zwischenmenschlichen und setzt seine Alltagsbeobachtungen mit viel Humor in Szene.